Münchner Zentrum für antike Welten
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Dissertationsprojekt

Framing significance: church architecture in late antique Cilicia (Arbeitstitel)

Mein Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung der spätantiken und frühbyzantinischen Kirchenarchitektur in Kilikien.

Die Region verbindet als natürliche Passage zwischen Ost und West die Ebene von Kilikien mit der anatolischen Plateau. Seit der vorgeschichtlichen Zeit hat die strategische Position dieser so genannten „kilikischen Pforte“ für eine Verschmelzung unterschiedlicher kultureller Traditionen, und künstlerischer und religiöser Ideen in der Region gesorgt.

Die Existenz eines effizienten und gut ausgestatteten Hafen- und Straßennetzes mit zahlreichen mansiones und stationes erlaubte die Passage auf den Hauptstraßen und die Unterbringung von Reisenden, die aus wirtschaftlichen Gründen durch die Region zogen oder als Pilger auf ihrem Weg zum Besuch der vielen heiligen Stätten waren.

Der Mangel an umfangreichen Ausgrabungen und thematischen Studien hat eine großes Wissensvakuum geschaffen. Aus diesem Grund und angesichts des architektonischen Reichtums der kilikischen Kirchen der frühbyzantinischen Zeit (vor allem des 5. und 6. Jh), hat dieses Forschungsprojekt das Ziel, wesentliche Beispiele der kirchlichen Architektur zu analysieren, um den starken spirituellen Beiklang der Region herauszustellen. Das Projekt beruht auf der Zusammenführung von persönlichen Beobachtungen mit verschiedenen Quellen der Archäologie und der Literaturwissenschaft Eingeteilt in drei Kategorien werden Fallstudien ausgewählt, die die religiöse Architektur der Region ganz wesentlich prägen und beeinflussen: Heiligkeit, Natur und Historizität.

Ein bedeutungsvolles Merkmal, welches hagiographische Quellen aufzeigen (Passiones, Acta Martyrum, Miracula Sanctorum), ist die Präsenz vieler Heiligen und Märtyrer in Kilikien. Diesen zum Gedenken wurden zwischen dem 4. und 5. Jh. n.Chr. Martyria eingerichtet (Meryemlik, Korykos, Yanıkhan), die zur Aufbewahrung ihrer Reliquien dienten.

Die Auswahl an architektonischen Formen durch die kilikischen Baumeister wurde vielfach durch die Natur beeinflusst. Viele Kirchen wurden an spektakulären Orten gebaut (z. B. Kanytelleis, St.-Marien-Kirche in Cennet ve Cehennem); andere haben den Fels nicht nur aus praktischen Gründen einbezogen, sondern besonders hervorgehoben (z. B. die Grabeskirche extra muros in Korykos).

Ein weiteres charakteristisches Merkmal vieler kilikischen Kirchen ist Historizität (z. B. Tempelkirche und Agorakirche in Elaiussa Sebaste, Tempelkirche in Diokaisareia). Sie bestehen nicht nur aus Spolien aus früheren Denkmälern, sondern sie integrieren oft vollständige Wände der heidnischen Denkmäler. Diese sind in die neuen Wände der Kirche eingegliedert, um ihnen eine wichtigere christliche Bedeutung zu geben.

Mit der Einteilung in diese drei grundlegenden Kategorien wird das vorliegende Projekt ein Forschungsdesiderat erfüllen: die Rekonstruktion der architektonischen Aussagekraft und repräsentativen Möglichkeiten der religiösen Architektur des fünften Jh. in Kilikien.

Es geht aus diesem Grund den folgenden Fragen nach, die erstmals die Klärung des genannten Desiderats ermöglichen: Wie wurden die architektonischen Entscheidungen von den oben genannten Kategorien beeinflusst? Wie lassen sich die Kirchen charakterisieren? Wie war die Verehrung dieser Stätten organisiert und welche Pilger lockten sie an? Gab es eine Beziehung zwischen den wichtigsten Martyrien oder den kleinen Verehrungsorten, die an verschiedenen Durchgangsstraßen in unmittelbarer Nähe voneinander errichtet wurden?